Schule ohne Rassismus?

von Lisa Bader

„Das Wichtigste ist, nicht zu leugnen, dass Rassismus existiert, darüber zu sprechen und Rassismus zum Unterrichtsthema zu machen.“ Das zumindest sagt der Rassismusforscher Prof. Dr. Karim Fereidooni im Gespräch mit dem Deutschen Schulportal. 

Denn Klar ist: Rassismus ist ein weltweites Problem, das laut einer Befragung von Menschen mit afrikanischen Wurzeln durch die EU-Agentur für Grundrechte besonders in Deutschland immer größer wird. Mehr als Dreiviertel der hier Befragten gaben an, in den letzten fünf Jahren rassistische Erfahrungen gemacht zu haben. Damit schnitt die Bundesrepublik im Vergleich mit 12 weiteren Mitgliedsstaaten am schlechtesten ab. 

Auch an Schulen lässt sich diese Entwicklung beobachten. Darum setzen sich immer mehr Organisationen gegen Diskriminierung an Schulen ein. Ein Beispiel dafür ist der fair@school-Wettbewerb von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und dem Cornelsen-Verlag. Teilnehmen können Schulen mit Projekten, die Diskriminierung entgegenwirken oder darüber aufklären sollen.

Und auch das Netzwerk „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ widmet sich dem Kampf gegen Diskriminierung an Schulen. Die Landes- und Regionalkoordinationen des Netzwerks betreuen Mitgliedsschulen bei ihren Projekten und bieten den Schüler*innen und Pädagog*innen Angebote wie Workshops und Weiterbildungen. Auch die FOS/BOS Kaufbeuren ist eine von bundesweit über 4.500 Courage-Schulen. 

Das Schild neben dem Haupteingang ist aber keine Auszeichnung, sondern eine Verpflichtung für die Lehrkräfte und die Schülerschaft sich gegen jede Art der Diskriminierung zu positionieren und für Menschenwürde einzustehen. Deshalb gibt es an unserer Schule die SOR-SMC AG. Dort bekommen Schüler*innen die Möglichkeit, sich über Themen wie Rassismus auszutauschen und, betreut von Frau Jucu-Makamul, an Projekten zu arbeiten. So sind im letzten Jahr informative Plakate zu den Themen Queerness und Sexismus auf dem SOR-Brett neben den Computerräumen dazugekommen und der Startschuss für den Safe Space ist gefallen. Dieser bietet Schüler*innen der FOS/BOS die Möglichkeit, sich nach Erfahrungen mit Diskriminierung oder Mobbing in einem sicheren Rahmen Mitschüler*innen anzuvertrauen.  

Die AG, in welche die Mitglieder freiwillig ihre Freizeit investieren, scheint dabei für alle eine Herzensangelegenheit zu sein. So sagt eine Schülerin beispielsweise: „Ich bin in der SOR, weil ich einen Migrationshintergrund habe und viel Rassismus, sowohl in der Arbeit, als auch in der Schule, erlebt habe. Ich möchte mich für andere einsetzen, damit sie nicht dieselben Erfahrungen machen müssen, die ich bereits gemacht habe.” Ein anderes Mitglied verrät mir, zu wissen, dass es eine Gruppe gibt, in der Menschen öffentlich über Rechtsextremismus sprechen und etwas dagegen zu unternehmen sei ein ziemlich guter Grund gewesen, der AG beizutreten. 

Sogar einige ehemalige Schüler*innen unserer Schule besuchen regelmäßig die AG. So antwortet mir eine Ehemalige auf die Frage, warum sie sich auch nach dem Abitur in der AG engagiert: „Es gibt an viel zu wenig Schulen sowas, dabei ist es so wichtig. Außerdem bin ich der Meinung, dass sehr viele Menschen von Rassismus oder Mobbing betroffen sind, aber viel zu wenig darüber sprechen. Ich bin froh, dass es an der FOS sowas gibt, und auch wenn ich nicht mehr an der Schule bin, unterstütze ich es sehr gerne!“

Doch auch die AG erfährt immer wieder Rückschläge. So wurden in der Vergangenheit die Plakate über Queerness immer wieder abgerissen oder - zuletzt sogar mit Hakenkreuz - beschmiert. Das zeigt, wie wichtig es ist, sich als Person und als Schule gegen Diskriminierung zu stellen und die Vielfalt an unserer Schule zu feiern. Oder um es mit den berühmten Worten Frank-Walter Steinmeiers zu sagen: „Es reicht nicht aus, kein Rassist zu sein. Wir müssen Antirassisten sein!“

Das bestätigt sich auch im Faktencheck. So verdoppelten sich innerhalb eines Jahres die Meldungen bei der Anlaufstelle bei Diskriminierung und rechtem Hass an Münchner Schulen von 55 auf 109. Auch bei einer deutschlandweiten Umfrage aus dem Jahr 2022 gaben über 50 % der Schüler*innen aus rassifizierten Gruppen - also Gruppen von Menschen, die aufgrund äußerlicher Merkmale kategorisiert und in „Rassen“ unterschieden werden - an, schon mal rassistische Erfahrungen gemacht zu haben. Dabei gibt es kaum Unterschiede zwischen den verschiedenen Schularten. Jedoch sind die „Bösen“ nicht immer Schüler*innen. In der Studie „Max versus Murat“ von der Universität Mannheim konnte festgestellt werden, dass angehende Lehrkräfte das Diktat eines Kindes mit türkischem Namen, trotz gleicher Fehler, durchschnittlich schlechter bewerten als das eines Kindes mit deutschem Namen. 

All das zeigt: eine Schule ohne Rassismus gibt es noch nicht, aber wir alle können dabei helfen, Diskriminierung an unserer Schule den Kampf anzusagen. Denn die Schule muss für jede*n zu einem friedlichen Ort des Lernens werden.