Wie der kleine Drache FoBosso Postbote und Schuldrache wurde
Eine Geschichte von Sofia Smal
Auf einer verborgenen Insel hinter dem Horizont, wo noch kein Mensch seine Spuren hinterlassen hatte, lebte ein kleiner Drache namens FoBosso unter seinesgleichen. Er spuckte aber kein Feuer und wachte auch nicht über Schätze, stattdessen wollte er die Welt erkunden. Sein Leben auf der Insel erschien ihm langweilig, er sehnte sich nach Abenteuern, denn sein Alltag auf der Insel war ihm nicht abwechslungsreich genug. Er hatte das Gefühl, als würde etwas Wichtiges in seinem Leben fehlen und als müsste er danach suchen.
Er hatte schon viele Geschichten über die Menschen und ihr Streben nach dem Sinn des Lebens gehört. Eines Tages wagte der kleine Drache tatsächlich eine weite Reise in die Menschenstädte – auch er wollte seine Berufung finden. FoBosso hatte jedoch nicht damit gerechnet, dass die Menschen nicht von der Existenz der Drachen wussten, schließlich waren die Menschen ihm nicht unbekannt. Er hatte Schwierigkeiten, sich anzupassen, er erregte einfach zu viel Aufmerksamkeit, die er nicht genoss. Er erwog sogar, wieder in seine Heimat zurückzukehren, aber noch wollte er nicht aufgeben. FoBosso war überzeugt, dass er neue Freunde finden konnte und eine Beschäftigung, für die er sich begeistern könnte. Er war sich sicher, irgendwo würde er schon sein neues Zuhause finden. Während seiner Suche probierte er vieles: er arbeitete – man könnte auch sagen: trieb sein Unwesen, wie es kleine Drachen nun einmal machen - in Büros, in Krankenhäusern, in Fabriken, Heimen und Universitäten. Überall - und trotzdem nichts.
Es war nicht die Art von Abwechslung und Abenteuer, die sich FoBosso gewünscht hatte. Er wollte etwas im Lebens erreichen. Er wusste aber nicht, was dieses Etwas war. Und so wurde der kleine Drache trotz seiner Standhaftigkeit und Überzeugungen müde. Wie lange suchte er nun schon nach seinem Glück und fand nichts! Eines Tages flog er über die Stadt Kaufbeuren und entdeckte einen jungen Mann, der auf einem Fahrrad von Tür zu Tür fuhr und kleine und große Päckchen, Briefe und Zeitungen in den Briefkästen der Menschen hinterließ. Er sah den Mann mehrmals mit anderen Menschen kurze Unterhaltungen führen, lächelnde Gesichter und hörte Worte des Dankes. FoBosso war überrascht von der Geschwindigkeit, mit der der Mann arbeitete. Um es anders auszudrücken: FoBosso war Feuer und Flamme! Und so entschied er, dass es doch noch etwas gab, was er gerne ausprobieren möchte. FoBosso war fasziniert von der Idee, Menschen zu helfen, indem er ihre Nachrichten und Pakete transportierte. Er beschloss, selbst ein Postbote zu werden!
Die Menschen begannen, ihn zu lieben und schätzten seine Zuverlässigkeit als Postbote. FoBosso liebte seinen neuen Job, er genoss es, immer in Bewegung und trotzdem nur eine Nachricht entfernt von seinem Zuhause zu sein. Er lernte viele neue Menschen kennen, er wurde mit jedem Winkel der Stadt vertraut. Am wohlsten fühlte er sich aber an der FOSBOS. Die Schule in der Nähe des Bahnhofs, welche seit kurzem Artikel von der Schülerzeitung erhielt.
Der Drache freundete sich manchen Schülern und Lehrern an, die Schule wurde außerdem zu seinem neuen Zuhause. Wenn er mit seiner Arbeit schnell fertig war, dann beobachtete er aus seinen geheimen Verstecken den Unterricht und lernte an der Schule viel Neues. In der Bücherei las er gerne nachmittags, ab und zu steckte er den Schülern Arbeitsblätter zu, um sie besser auf die Kurzarbeiten und Schulaufgaben vorzubereiten. Aber natürlich spielte er auch immer wieder kleine Streiche und trieb alle an der Schule manchmal in den Wahnsinn – wie es sich eben gehört für einen echten Haus-...äh... Schuldrachen. Fobosso war kein Geheimnis, aber trotzdem zeigte er sich nicht jedermann.
Es war ein einfaches Leben, das er führte, nicht so abwechslungsreich, wie er es sich anfangs vorgestellt hatte. Zu seiner Überraschung war es für ihn vollkommen in Ordnung. Seine Neugierde würde niemals nachlassen, aber sein Bedürfnis, immer nach dem Etwas suchen zu wollen, hatte keinen Vorrang mehr. Vielmehr genoss er die Ruhe und den Frieden, welchen er nun in seiner Brust verspürte. Er war endlich angekommen.